Warum Ihre Windows-Branchenlösung jetzt unter Druck gerät – und wie Sie richtig reagieren

Viele Softwareunternehmen sind vor 10, 15, 20 oder noch mehr Jahren in die Entwicklung eigener Branchenlösungen eingestiegen und haben damit ganze Märkte digitalisiert. In einer Zeit, als andere Unternehmen noch darüber diskutierten, ob sie ihre Akten besser in roten, gelben oder blauen Ordnern ablegen und diese im Aktenschrank nach Jahr, Ort oder Kunde sortieren sollten, bauten sie mit Rapid Application Development (RAD)-Werkzeugen wie Classic ASP, VB6, .NET, WinForms, WPF oder ASP.NET WebForms in beeindruckender Geschwindigkeit Anwendungen, die ihrer Zeit oft weit voraus waren.
Doch was damals ein Wettbewerbsvorteil war, entwickelt sich heute zunehmend zum Problem – und sorgt dafür, dass die einstigen Digitalisierungspioniere unter Druck geraten: technisch, personell und vor allem wirtschaftlich.
In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Ursachen und Auswirkungen – und darauf, was Sie als Unternehmer, Geschäftsführer, Entwicklungsleiter oder Softwarearchitekt jetzt aktiv dagegen tun können.
Inhalt:
1. Technologischer Druck: Die Welt ist weitergezogen
Visual Basic, WinForms, WebForms oder Classic ASP – also Technologien, die Ihnen ursprünglich einen Geschwindigkeits- und Wettbewerbsvorteil verschafft haben – werden seit Jahren, teilweise Jahrzehnten, nicht mehr weiterentwickelt und gewartet. Dies hat nicht nur kritische Auswirkungen auf die Sicherheit Ihrer Software, sondern führt auch dazu, dass neue Kundenanforderungen, die Ihre Kunden aus anderen Anwendungen kennen, häufig gar nicht oder nur mit Abstrichen und erheblichem Aufwand implementiert werden können.
In der Praxis führt dies häufig zu folgenden Herausforderungen:
- Ihre Benutzeroberfläche wirkt altmodisch. Kunden vergleichen mit moderneren Anwendungen und wenden sich zunehmend der Konkurrenz zu, selbst wenn diese weniger Funktionen bietet, aber frischer aussieht.
- Viele Drittanbieter haben sich vom Markt verabschiedet. Bibliotheken und Komponenten, auf die Sie sich verlassen haben, stehen nicht mehr zur Verfügung.
- Ihre Software ist nicht webbasiert und damit nicht cloudfähig. Geschäftsmodelle wie SaaS sind nicht möglich, was Updates verteuert und Kunden frustriert.
- Schnittstellen zu Microsoft Office oder anderen Produkten brechen weg. Genutzte Technologien sind abgekündigt – zentrale Funktionen wie Outlook-Versand sind gefährdet.
- Moderne Features wie KI oder Mobile Apps sind kaum umsetzbar. Die Architektur ist nicht dafür ausgelegt.
Kurz gesagt: Ihre Software ist nicht mehr anschlussfähig – und das spüren Sie bei jeder neuen Anforderung.
2. Wirtschaftlicher Druck: Neue Features werden zur Kostenfalle
In den späten 90er- und frühen 2000er-Jahren stand vor allem eines im Fokus der Microsoft-Entwickler-Community: Entwicklungsgeschwindigkeit. Visual Basic 5 und 6, aber auch die frühen .NET-Versionen – insbesondere mit WinForms und WebForms – wurden klar als Rapid Application Development (RAD)-Werkzeuge positioniert und verkauft.
Durch die Einfachheit dieser Werkzeuge konnten selbst Quereinsteiger in beeindruckender Zeit Kundenlösungen entwickeln, die über die Jahre zu großen Produkten heranwuchsen. Themen wie saubere Softwarearchitektur oder langfristige Wartbarkeit spielten damals eher eine untergeordnete Rolle.
Heute führen die damals gewählten Abkürzungen jedoch oft dazu, dass die Umsetzung neuer Anforderungen deutlich mehr Zeit und Geld kostet als früher und kaum noch planbar ist. Das liegt in der Natur historisch gewachsener Systeme:
Der Code wurde über viele Jahre erweitert, meist ohne klare Trennung von UI, Geschäftslogik und Datenzugriff. Dadurch lässt sich die Anwendung nur schwer modularisieren oder auf moderne Technologien wie Web und Cloud übertragen.
Auf Kundenwunsch wurden regelmäßig Sonderfunktionen eingebaut, die zwar kurzfristig Umsatz brachten, langfristig aber hohen Wartungsaufwand erzeugen – auch dann, wenn der ursprüngliche Kunde gar nicht mehr existiert und sich niemand mehr daran erinnert, dass diese Funktion nie allgemein gedacht war
Code wurde oft dupliziert, um schnell minimal abweichende Kundenanforderungen umzusetzen. Funktionsänderungen müssen daher heute an verschiedenen Stellen durchgeführt werden, was die Fehleranfälligkeit massiv erhöht.
Architekturmuster fehlen oder wurden inkonsistent angewendet, weil unterschiedliche Entwickler nach eigenen Vorstellungen gearbeitet haben.
Automatisierte Tests existieren kaum. Jede Änderung ist ein Risiko und muss aufwendig manuell geprüft werden.
Es gibt keine durchgängigen Continuous Integration / Continuous Delivery (CI/CD)-Prozesse. Selbst kleine Releases erfordern manuellen Aufwand wodurch sich die Time-to-market verlängert.
Dokumentation ist nicht vorhanden, lückenhaft oder veraltet. Neue Entwickler brauchen Wochen, um sich einzuarbeiten – wenn sie nicht vorher entnervt aufgeben.
Technische Schulden wurden über Jahre hinweg aufgeschoben. Was „erst mal funktioniert hat“, ist heute kaum noch wartbar.
Der technologische Unterbau ist veraltet. Moderne Tools, Bibliotheken oder Cloud-Services lassen sich kaum integrieren.
Die Software ist monolithisch aufgebaut. Neue Features wirken sich oft auf völlig andere Bereiche aus – mit unvorhersehbaren Nebenwirkungen.
Das Ergebnis: Selbst kleine Funktionsänderungen benötigen unvorhersehbar viel Zeit, neue Features verschieben sich, Budgets laufen aus dem Ruder, und das Entwicklungsteam verbringt mehr Zeit mit Fehlersuche als mit produktiver Arbeit.
Gleichzeitig treten junge Wettbewerber auf den Plan – mit modernen, schlanken SaaS-Anwendungen, kurzen Release-Zyklen und Features wie Self-Service, Integrationen in Drittsysteme oder KI-gestützten Workflows. Kurz gesagt: Während Ihre Entwickler mit technischer Altlast kämpfen, gewinnt der Wettbewerb durch Tempo und Flexibilität.
3. Personeller Druck: Das Wissen verlässt das Unternehmen
Ein Blick auf die Altersstruktur vieler früher Digitalisierungspioniere zeigt: Die Entwickler, die Ihre Software vor 15, 20 oder mehr Jahren maßgeblich aufgebaut haben – und heute oft zentrale Rollen im Unternehmen einnehmen –, gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand oder haben das Unternehmen bereits verlassen. In der Praxis führt das zu typischen Herausforderungen:
- Das Wissen verlässt das Unternehmen mit den Entwicklern. Statt sauberer Übergaben gibt es stillschweigend gewachsene Strukturen, implizites Wissen und Code, den nur noch einzelne Personen wirklich verstehen, und genau diese werden das Unternehmen in absehbarer Zeit verlassen.
- Nachwuchs ist kaum zu finden. Moderne Entwickler erwarten zeitgemäße Arbeitsumgebungen mit sauberem Code, automatisierten Prozessen und etablierten Standards.
- Alttechnologien schrecken Bewerber ab. Kandidaten springen ab, sobald klar wird, dass mit VB6, Classic ASP oder WinForms gearbeitet wird. Diese Technologien kommen häufig weder im Studium noch in der betrieblichen Ausbildung vor und bieten vor allem auch keine langfristige Perspektive.
- Neue Entwickler tun sich schwer. Die Einarbeitung dauert Wochen oder Monate, sofern überhaupt jemand verfügbar ist, der das System erklären kann.
- Übergaben scheitern an fehlender Vorbereitung. Notizen, Excel-Listen oder gemeinsame „Letzter-Tag“-Sessions reichen nicht aus, um komplexes Wissen dauerhaft zu sichern.
- Entscheidungen und Abhängigkeiten sind kaum nachvollziehbar. Workarounds, technische Kompromisse und kundenindividuelle Anpassungen wurden nie sauber dokumentiert, sondern existieren einfach irgendwo im Code.
- Selbst erfahrene Entwickler stoßen an Grenzen. Ohne Tests, klare Zuständigkeiten und nachvollziehbare Strukturen wird jede Änderung zum Risiko.
- Frust und Fluktuation nehmen zu. Wer keine Perspektive sieht oder ständig auf technische Hürden stößt, bleibt nicht lange. Das kostet Know-how und bringt Unruhe ins Team.
Kurz gesagt: Das Wissen, das Ihre Software am Leben hält, verlässt gerade das Unternehmen – und es fehlen die Strukturen, um es zu bewahren oder neu aufzubauen. Die Folge sind lange Einarbeitungszeiten, hohe Abhängigkeiten und wachsende Risiken im Tagesgeschäft.
4. Unternehmerischer Druck: Die Nachfolge rückt näher
Viele Gründer stehen mit ihrem Softwareunternehmen vor einem Generationenwechsel. Die Unternehmensnachfolge rückt näher, sei es durch Verkauf, Übergabe an Mitarbeitende oder innerhalb der Familie. Doch genau hier wird veraltete Software schnell zum Stolperstein. In der Praxis zeigt sich das in typischen Situationen:
- Die Software ist wirtschaftlich unattraktiv. Veraltete Technologien, fehlende Cloud-Fähigkeit und hoher Wartungsaufwand schrecken potenzielle Käufer oder Investoren ab.
- Modernisierung wurde jahrelang verschoben. Was lange gut funktioniert hat, ist inzwischen zum Risiko geworden, sowohl technisch als auch personell und organisatorisch, und somit keine attraktive Investition mehr.
- Es fehlt eine klare Perspektive für Produkt und Team. Ohne Roadmap, Modernisierungsstrategie oder dokumentiertes Wissen fällt es schwer, Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit aufzubauen.
- Nachfolger wollen keinen Sanierungsfall übernehmen. Wer ein Unternehmen übernimmt, erwartet ein funktionierendes Produkt und keine Altlast, die erst aufwändig modernisiert werden muss.
- Kinder oder Mitarbeitende zögern. Auch interne Nachfolger schrecken zurück, wenn sie sehen, dass das technische Fundament nicht mehr tragfähig ist, oder die Weiterentwicklung auf wenigen Schultern ruht.
- Die Zeit läuft davon. Wer erst kurz vor dem geplanten Ausstieg über Nachfolge oder Modernisierung nachdenkt, kann kaum noch strukturiert handeln.
Kurz gesagt: Eine veraltete Softwarelösung ohne klare Zukunftsperspektive senkt nicht nur den Verkaufspreis bei einer Unternehmensveräußerung, sondern gefährdet auch die Übergabe – und damit den Fortbestand dessen, was Sie über Jahrzehnte aufgebaut haben.
Was jetzt zu tun ist – ohne Risiko und Millionenbudget
Viele Unternehmen zögern, wenn es um die Modernisierung ihrer Software geht. Zu groß scheint das Risiko, zu unklar der Aufwand, zu viele Unsicherheiten im Tagesgeschäft. Eine Aussage, die wir häufig hören lautet
Wir müssen alles neu bauen – das wird niemals funktionieren.
Doch das ist ein Trugschluss. Ein kompletter Rewrite ist selten sinnvoll. Der bessere Weg: Evolution statt Revolution. Mit einem strukturierten Ansatz können Sie Ihre Software Schritt für Schritt modernisieren, ohne den laufenden Betrieb zu gefährden, ohne Ihr Team zu überfordern und ohne ins Blaue zu investieren.
In der Praxis hat sich dabei ein dreistufiges Vorgehen bewährt:
1. Bestandsaufnahme: Was funktioniert – und was bremst?
Bevor Sie Entscheidungen treffen, brauchen Sie ein klares Bild Ihrer aktuellen Lage – aus drei Perspektiven:
Technik: Wie stark sind UI, Geschäftslogik und Datenzugriff gekoppelt? Welche Frameworks und Bibliotheken sind veraltet? Gibt es automatisierte Tests und CI/CD-Prozesse?
Team: Wer kennt welche Teile des Systems? Wie viel Wissen ist dokumentiert – und wo droht es verloren zu gehen? Gibt es Entwickler, die in die Verantwortung hineinwachsen können?
Strategie: Was erwarten Ihre Kunden in den nächsten zwei bis fünf Jahren? Wie wirkt Ihre Lösung im Vergleich zum Wettbewerb? Sind neue Modelle wie SaaS, Pay-per-Use oder Self-Service denkbar?
Ziel: Schwachstellen erkennen – aber auch Potenziale sichtbar machen, die gezielt weiterentwickelt werden können.
2. Architekturanalyse: Wo lohnt sich Refactoring – und wo braucht es mehr?
Nicht alles muss neu gebaut werden. In gezielten Architektur-Sparrings analysieren Sie, wo gezieltes Refactoring ausreicht, welche Bereiche entkoppelt oder modularisiert werden sollten – und wo ein Re-Design notwendig ist.
Das Ziel: Eine tragfähige Architektur, die Cloud, Mobile und KI nicht ausschließt, sondern ermöglicht – und das auf Basis Ihrer bestehenden Lösung.
3. Modernisierungsstrategie: Ein klarer Fahrplan statt Aktionismus
Aus der Analyse entsteht ein konkreter, maßgeschneiderter Fahrplan – mit klaren Etappen, sinnvollen Prioritäten und realistischem Aufwand. So bleibt der Umbau steuerbar, Ihr Team behält den Überblick, und die Weiterentwicklung lässt sich Schritt für Schritt in den Alltag integrieren.
Ergebnis: Sie gewinnen Planungssicherheit, bauen internes Wissen auf und stellen sicher, dass Ihre Software auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt.
Unser Ansatz: Das .NET Legacy to Innovation Program
Der Weg aus einer komplexen Altanwendung ist kein Sonntagsspaziergang.
Er gleicht eher einer Bergwanderung bei wechselhaftem Wetter: Man braucht eine gute Karte, Erfahrung im Umgang mit steinigem Terrain – und idealerweise jemanden, der den Weg schon einmal gegangen ist.
Denn wer alleine losläuft, riskiert, sich zu verzetteln, den Überblick zu verlieren – oder mitten im Umbau steckenzubleiben.
Die besten Ergebnisse erzielen Unternehmen, die sich frühzeitig einen erfahrenen Partner an die Seite holen. Einen, der nicht nur weiß, wo es langgeht, sondern auch, wo Stolperfallen lauern und wie man sicher ans Ziel kommt.
Wir begleiten Softwareunternehmen mit gewachsenen .NET-Branchenlösungen bei der schrittweisen Modernisierung – ohne Big Bang, lösungsorientiert und ohne Überforderung. Dazu haben wir das .NET Legacy to Innovation Program ins Leben gerufen.
Unser Angebot umfasst:
- 1:1-Architektur-Sparrings, um technische Altlasten zu erkennen und gemeinsam nächste Schritte zu definieren
- Zugriff auf fertige Codebausteine, unsere praxiserprobten Quality Blocks für zum Beispiel Authentifizierung, Logging, State Management, Cloud-Anbindung und mehr
- Videokurse und Q&A-Sessions, damit Ihr Team modernes Wissen sofort anwenden kann
- Technische Umsetzung nach Bedarf – z. B. beim Umbau von Modulen, Prototypen, Proof-of-Concepts, bei der Integration von TX Text Control oder der Entwicklung moderner .NET MAUI Apps
Ob Sie erst einmal Orientierung suchen oder schon konkrete Anforderungen im Blick haben – wir holen Sie dort ab, wo Sie stehen.
Fazit: Wer jetzt handelt, bleibt im Spiel
Wenn Sie zu lange warten, verlieren Sie nicht nur den technischen Anschluss – sondern auch Ihre besten Leute, Ihre Innovationskraft und langfristig Ihre Kunden.
Deshalb: Warten Sie nicht, bis der Druck zu groß wird.
Sprechen Sie mit uns – wir zeigen Ihnen realistische Optionen, wie Sie Ihre Software und Ihr Unternehmen zukunftsfähig aufstellen.
Sprechen wir über Ihre Software!

André Krämer
CEO & GRÜNDER DER QUALITY BYTES GMBH, MICROSOFT MVP, .NET MAUI CONTRIBUTOR
STATUS
Was kann Ihre Software heute – und was (noch) nicht.
POTENZIAL
Wo schaffen Mobile, Text Control oder Architektur-Update einen echten Mehrwert?
AUFBRUCH
Welche ersten Schritte sind jetzt sinnvoll – ganz ohne Umwege.